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Beitrag vom 08.12.2005
Zwölf Tangos – Adios Buenos Aires
Jana Scheerer
Die Doku erzählt die Geschichte Argentiniens in zwölf Tangos - ist aber doch nur etwas für echte TangoliebhaberInnen. Für alle anderen kommt spätestens nach dem sechsten Tango Langeweile auf.
Der Tango ist dieser Tage allgegenwärtig in Europa – ständig geht irgendwer irgendwo Tango tanzen, lernt es gerade oder will ganz bestimmt demnächst damit anfangen. Das hat den positiven Effekt, dass auch Argentinien als Heimatland des Tanzes stärker in den Blick gerät und damit zugleich die vielfältigen politischen und ökonomischen Probleme einerseits und die reiche Geschichte des Landes andererseits. "Zwölf Tangos – Adios Buenos Aires" versucht nun, in dokumentarischer Form die Entwicklung des Tangos und die Vergangenheit und Gegenwart Argentiniens als unlösbar miteinander verknüpfte Kulturgeschichte zu erzählen.
Dabei bedient Regisseur und Autor Arne Birkenstock sich dem scheinbar passendsten Medium: Dem Tango selbst. Die Geschichte Argentiniens in zwölf Tangos erzählen – nicht mehr und nicht weniger will dieser Film. So lernen wir zwischen zwölf leidenschaftlich gesungenen und getanzten Tangos die junge Tänzerin Marcela Maiola kennen, die nach Frankreich auswandern will, um dort Tango zu unterrichten. Denn in Europa sind sie alle ganz verrückt nach Tango und bezahlen außerdem ordentlich, sagt Roberto Tonet, Marcelas 71jähriger Tanzpartner. Roberto war einst selbst als Berufstänzer erfolgreich in Europa unterwegs, verlor jedoch all sein Geld in der Argentinischen Wirtschaftskrise.
So finden sie sich mühelos, die beiden Themen dieses Filmes: Der Tango einerseits und die Lebensrealität Argentiniens andererseits. Doch diese Mühelosigkeit legt sich leider nicht auf den Film. Vielmehr lähmt die Redundanz der Erzählung nach einer Weile sogar den leidenschaftlichsten Tango. Das ist schade, denn tatsächlich eignet sich der Tanz perfekt zum Erzählen der Argentinischen Geschichte und Gegenwart: Einst von europäischen EinwandererInnen geprägt, die darin ihrem Heimweh Ausdruck gaben, begleitet er nun die argentinischen AuswandererInnen auf der Flucht vor der Wirtschaftskrise nach Europa. Und man ahnt es: Dort wird für sie wiederum der Tango Ausdruck der Sehnsucht nach der Heimat sein. Das Einwanderungsland Argentinien ist ein Auswanderungsland geworden – und der Tango bleibt ewig der Soundtrack der Sehnsucht.
Doch "Zwölf Tangos – Adios Buenos Aires" verlässt sich zu sehr auf die Poesie des Tangos und die Originalität seiner ProtagonistInnen. Dabei entstehen durchaus komische und poetische Momente, doch sie tragen nicht über die ganzen 85 Minuten. Hinzu kommen Off-Kommentare, die eher im Stil einer Reportage gehalten sind und die musikalisch aufgebaute Stimmung grob konterkarieren. Dabei überrascht dieser Dokumentarfilm in seiner Konventionalität geradezu, in Zeiten von Doku-Dramen und Fake Documentaries ist eine Form, bei der die Spannung zwischen Authentizität und Inszenierung nicht ein einziges Mal thematisiert wird, im Kino schon fast selten geworden.
Auch bleiben die ProtagonistInnen immer irgendwie hinter dem Tango verborgen und nur in raren Momenten glaubt man, einen tiefen Blick in ihr Leben werfen zu dürfen. So ist Marcelas Antwort auf die Frage, ob sie denn Französisch könne, sehr viel erhellender als die diversen vorausgegangenen Gespräche über ihre Auswanderung nach Frankreich. "Nein", sagt sie nämlich, "ich kauf mir dann in Paris ein Wörterbuch." Aha. Im Nachspann ist zu erfahren, dass sie es nicht lange ausgehalten hat in Paris, zurück in Buenos Aires ist und nun nach Nordamerika möchte. Denn Bleiben ist wohl das einzige, was man in Argentinien nicht kann.
Zwölf Tangos – Adios Buenos Aires
Regie: Arne Birkenstock
Musik: Luis Borda
Deutschland 2005
85 Minuten
Kinostart: 08.12.2005
Drehorte: Buenos Aires, Argentinien
Produktion: Fruitmarket Kultur und Medien / Tradewind Pictures
und ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE
Entwickelt mit Unterstützung des MEDIA Programms der Europäischen Gemeinschaft.
www.12tangos.de